Das Zelt (2015) In Das Zelt zeigt Larissa Rosa Lackner Aufnahmen, die auf bzw. am Rande verschiedener Dorffeste entstanden sind. Es geht dabei weder um ein spezifisches Ereignis, noch um einen dokumentarischen oder gar soziologischen Blick auf Dorffeste und ihre Besucher. Deren Präsenz ist oft genug nur eine Geisterhafte: Mal erscheinen sie als Schatten, mal im unwirklich flackernden Licht eines Feuerwerks. Die Arbeit stellt essayistische Ansprüche zugunsten einer atmosphärisch dicht gewebten Montage zurück. Statt die deutsche Provinz als Tristesse zu inszenieren, konzentrieren sich die Aufnahmen auf die dunkle Schönheit ihrer Motive. Die Bilder schaffen keine Ordnung, ihre eigenwilligen Bildausschnitte folgen vielmehr einem Modus der Dekontextualisierung – und gewinnen noch den profansten Gegenständen – Heißluftballons, Parkplätzen oder mobilen Sanitärsystemen – eine erratische Qualität ab.
Trotz des Ausbleibens einer Handlung wird eine indirekte Form der Narration etabliert, deren Aggregat die angedeuteten Möglichkeiten sind: Wind und Wetterleuchten verraten einen heraufziehenden Sturm. Ein dramatisch entscheidendes Ereignis, das ein solcher Sturm in narrativen Filmen oft ankündigt, enthält dieser Film seinen BetrachterInnen jedoch konsequent vor. Einmal reckt sich eine zur Faust geballten Hand in den Himmel des Festzelts, draußen folgt ein Mann zwei Frauen in ein Waldstück. Szenen, die Erwartungshaltungen und Affekte triggern, aber immer in Ambivalenz verharren.
Die Verunsicherung, die sich so für die Zuschauerschaft ergibt, ist auch die Verunsicherung der Künstlerin selbst, die sich ohne Team in die Dorfgemeinschaft begeben hat, als filmender Fremdkörper. Die dunklen Bilder verlangen zudem geradezu nach einer Aufführung in einer Black Box – einem Dispositiv, das den Betrachter isoliert und somit auch den Status der Künstlerin zum Zeitpunkt der Aufnahme aktualisiert – so bleibt diese in Das Zelt stets selbst präsent – und sei es nur durch die subjektive Konnotation der Handkamera. In diesen Strategien spinnt sich fort, was das titelgebende Motiv des Festzelts schon ankündigt: Das Zelt untersucht das Verhältnis von Innen und Außen, von Inklusion und Exklusion.
Das gilt auch für die von Lackner aufgenommene Tonspur: Auf einem Klavier gespielt, ohne dieses Instrument auch nur ansatzweise zu beherrschen, führt die Musik einerseits den dramatisierenden Einsatz von Musik ad absurdum, kann aber auch als Übertragung eines subjektiven Empfindens gelesen werden. Der Verzicht auf ein Tonstudio zur Aufnahme korreliert mit der eingesetzten Kameratechnik (kein adaptive Beleuchtung, keine digitale Nachbearbeitung), gleichsam bildet die Eigenständigkeit der Musik noch einen weiteren Kontrast zum gezeigten Dorffest.

Titel: Das Zelt
Entstehungsjahr: 2015
Videoloop, 19 min
HD, 16:9, stereo
Text: Christian Blumberg
Präsentation Der Film wird im Loop gezeigt und kann in der dafür gebauten Installation projiziert werden oder aber in einem Raum, der kein Licht von Außen durchlässt, da die dunklen Aufnahmen so optimal wahrgenommen werden können.
Für die Präsentation des Diploms wurde kein typisches Zelt gebaut, aber ein Raum, der leicht bewegliche Wände hat und der das Innen und Außen neu thematisiert. Der Film zeigt fast ausschließlich Aufnahmen außerhalb des Zeltes. Dies wird in der Installation umgedreht, der Betrachter muss nun hineingehen, um das Außen zu sehen. Außerhalb des gebauten Raumes hört der Betrachter die Tonspur und kann durch die Spiegelung auf dem Boden nur erahnen, was sich innerhalb des Raumes abspielt. Dieses Setting kann als eine Erweiterung des Films gesehen werden, das verschiedene Ebenen der Wahrnehmung anspricht.

Der Raum hat eine Breite von 5 meter, eine Länge von 3,50 meter und eine Höhe von 2, 20 meter. Von innen ist er mit Sitzbänken ausgestattet. Die kurze Wand ergibt die volle Projektionsfläche.